Novembergenüsse

Wörli lebt mit seiner Frau Heli, einer Erdhüterin nah dem Zwergenreich.
Mittags duftet es verführerisch aus dem Waldhäuschen, Muskatnusswölkchen kräuseln sich zum Küchenfenster hinaus, erreichen wohlwollend die „kleine Männchen Nachbarschaft“.

Dort herrscht Aufregung.
Es ist Bärtewaschzeit.
Ein paar trocknen bereits auf den Ästen der alten verwitterten Erle.
Der Wind weht das zottelige Filz keck hin und her und lässt ein Band von Wasserperlen darin glitzern.

Zwerg Herzhüter hat sein edles Barthaar weit oben in die Zweige einer altehrwürdigen Fichte gehängt.
Die Kräfte dieses Baumes verleihen der Kinnbehaarung beruhigende Magie.
Herzhüter blinzelt in die zarten Sonnenstrahlen, ein paar drängeln sich durch die Wolkendecke und kitzeln seine Nase.

„hatschi“…
„ha ha hatschi“…

„Was ist das?“

Durchsichtig, regenbogenfarben schimmernd umtanzen gläserne Gebilde seinen Kopf, landet eine Blase platzend auf seiner Nasenspitze.

„Was ist geschehen?“

Sachte tapst er an die Zwergentür, stutzt kurz und sieht durch das Lukenfenster das Dilemma!

In der Waschküche dampft und zischt es.
Zausel, der Sauberkeitszwerg hat alle Hände voll zu tun. In dem Stübchen schaut es aus wie in einem Badezuber.
Der zweite Aufguss mit Kastanienpulver war wohl zu reichlich in den Trog geraten.
Riesige Schaumberge wallen über den Kesselrand, strömen schon die Treppe hinunter.

„Kann ich dir helfen?“ ruft Hehü, der Herzhüter.
„Ja!“ lässt Zausel verlauten, „grabe rasch eine Mulde, da lassen wir die weiße flüssige Watte laufen und verhindern eine Seifenspur in Wörlis Garten. Die Beiden genießen ihre köstlichen Kartoffelklöße, da wollen wir ihnen Aufregung ersparen.“

Schnell ist die Kuhle geschaufelt, sind die Schaummengen gestoppt.
Der kleinste von der Zwergenbande sieht nun seine Chance für ausgelassene Spielchen.

Die Großen sind immerzu beschäftigt, jetzt kommt seine Zeit.
Jauchzend hüpft er in die federkissenähnlichen Hügel.
„hihi…“ ist das ein Spaß und Getobe.

„Hörst du das?“ Heli unterbricht ihr Tun. „Was ist denn bei unseren Freunden so lustig?“

Raus aus dem Häuschen, schnell ein Tuch um die Schultern gelegt.
Schnell erkunden, was es im unteren Garten für ein Spektakel gibt.

Kannst du dir vorstellen, was Heli sieht?
Träume einfach…

Meine Geschichte endet so:
Sie hält inne, schmunzelt vor sich hin und weiß:
Glück ist, Augenblicke zu erkennen, in denen du einfach bist. Bade in diesen Momenten.

Wörli gesellt sich dazu, legt seinen Arm um ihre Hüften.
Er zieht seine Heli nah an sich heran und flüstert:

Danke, dass du da bist.

Ein himmlischer Zauber von Zimt und Kardamom hüllt dieses Fleckchen Erde herzförmig ein.

20./21.11.2021
(eine SINNESgeschichte)